
mixed pickles zur Sonnwende – Teil 2: geplantes Gesetz gegen Einschüchterungsklagen (SLAPP)
Nach einem Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) vom 20.6.2025 sollen die Gerichte bessere Möglichkeiten erhalten, mit sogenannten Einschüchterungsklagen umzugehen. Unter Einschüchterungsklagen versteht man Klagen, die darauf abzielen, missliebige Beiträge zur öffentlichen Meinungsbildung zu unterdrücken.
Solche Klagen richten sich nach der Pressemitteilung des BMJV Nr. 22/2025
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2025/0620_Anti_SLAPP.html
zum Beispiel gegen Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder gegen Nichregierungsorganisationen (NGOs). Der Begriff SLAPP wiederum ist eine Abkürzung der englischen Beschreibung als „Strategic Lawsuit Against Public Participation“.
Die Bundesjustizministerin Dr. Stefanie Hubig schreibt in dieser Presseerklärung, dass kritische Berichterstattung, wissenschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement für unsere Demokratie elementar sind, und dass wir deshalb nicht zulassen dürfen, dass solche Stimmen mit mißbräuchlichen Klagen unterdrückt werden – nur weil sie einzelnen nicht passen. Deshalb werden den Zivilgerichten neue Instrumente an die Hand gegeben, um Einschüchterungsklagen zu erschweren. Das Gesetz sei Ausdruck guter demokratischer Vorsorge. Demokratie lebe von der Diskussion und dem Austausch konträrer Ansichten.
Man wird daher nicht fehlgehen, wenn man zu dem zu schützenden Personenkreis nicht nur Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oder Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zählt, sondern auch ganz normale Bürger, die sich am öffentlichen Diskurs beteiligen wollen oder eine Diskussion öffentlich anstoßen wollen.
Da die Äußerungen, die geschützt werden sollen, nicht auf bestimmte Formen beschränkt sind, fallen darunter grundsätzlich sicher auch solche via social media wie Facebook, Instagram, TikTok, WhatsApp oder X. Es muss aber andererseits gleichzeitig bedacht werden, dass mit Äußerungen über social media schnell, einfach und inhaltlich nahezu unkontrolliert weltweit eine unbegrenzt große Anzahl von Adressaten erreicht werden kann, und somit social media leicht dazu eingesetzt werden können, Personen in ihrem Achtungsanspruch zu verletzen, Lügen über sie zu verbreiten, sie zu mobben oder gegen sie zu Haß aufzustacheln. Das Gefährliche an solchen Äußerungen (posts) über social media ist die Schnelligkeit solcher Äußerungen und der geringe Aufwand, der für solche Äußerungen nötig ist, dann auch die Anonymität, unter der die Äußerung erfolgen kann. Somit ist es schwer bis teilweise unmöglich, sich gegen böswillige posts zu wehren.
Das heißt: nicht jede Unterlassungsklage, die sich gegen einen post in den social media richtet, ist automatisch eine rechtsmißbräuchliche Einschüchterungsklage, sondern es kommt eben auf den Inhalt der Äußerung, ihre Zielrichtung und die weiteren konkreten Umstände an.
Bei dem Phänomen der Einschüchterungsklagen handelt es sich um ein Phänomen, das auch die Tendenz in sich hat, sich schnell zu verbreiten, und das deshalb relativ unbemerkt und rasch zu einem Einschlag (impact) in gesunde demokratische Strukturen führen kann. Das Phänomen kann auch schnell Nachahmer finden und sich exponentiell verbreiten. Sicher besteht auch hier die Gefahr einer Verwilderung der Sitten und einer Gefahr für die Gesellschaft, wenn man nicht rechtzeitig und angemessen gegensteuert.
FAKTENCHECK begrüßt daher diese Gesetzgebungsinitiative. Ihr Nutzen besteht schon allein darin, dass das Problem identifiziert und benannt wird. Wenn jemand von einer Einschüchterungsklage betroffen ist, wird ein Gericht in Zukunft nicht mehr sagen können, das Phänomen sei ihm unbekannt und es wisse nicht, was die oder der Beklagte meine.
Foto: pixabay. Danke digital artist